Manche Dinge muss man einfach hinausschreien. Aus Schmerz. Aus Freude. Oder aus Wut. Aus Verzweiflung würde ich grad am liebsten meine Stimme erheben – so wie Fred Feuerstein, das Oberhaupt der steinzeitlichen Familie aus der gleichnamigen Zeichentrickserie. „Wilma!!!“, möchte ich schreien, „gib uns den Sommer zurück!“
Wilma heißt das Sturmtief über Norwegen, das mir gerade ziemlich die Laune verdirbt. Eigentlich mag ich den Herbst ja wirklich sehr gern. Er ist sogar meine liebste Jahreszeit. Aber Mitte August? Liebe Wilma, das geht jetzt wirklich ein bisschen zu weit.
Dunkle Regenwolken, die blitzschnell auftauchen, das bisschen Sonne verdunkeln, das wir gerade noch haben, in wenigen Minuten eimerweise Wasser in den Hinterhof gießen und dann ebenso schnell wieder verschwinden. Sturmböen, die mit bis zu 80 Kilometern pro Stunde über die Straßen fegen und an meinen Balkonkästen und Tomaten reißen. Und Temperaturen, die mich beim Stand von weit unter 20 Grad nach dem Wollpulli im Schrank wühlen lassen.
Liebe Wilma, ist das dein Ernst?
Ja, meint Magdalena Bertelmann vom Deutschen Wetterdienst, ist es. Und das nicht nur heute, gestern, vorgestern und die ganze letzte Woche. Sondern wohl auch noch bis Ende August. Wilma blase in den kommenden Tagen „nicht nur strammen Wind in die Windräder“, schreibt die Diplom-Meterologin dort am 18. August 2014, „sondern pustet auch erstmal die Hoffnung auf eine schnelle Rückkehr zu warmem Sommerwetter von dannen.“
Was also tun, wenn nicht verzweifeln?
Die Tomatenpflanzen sturmsicher zusammenbinden und rechtzeitig ernten. Den verbliebenen Kartoffelsack unter den Balkon stellen, damit die Knollen nicht verfaulen. Auf Schneckenjagd gehen.
Aber auch:
Sich freuen, dass man zumindest im Hof, aber auch auf dem überdachten Balkon gar nicht oder weniger gießen muss und sich die ziemlich leer geschöpfte Regentonne wieder füllt. Auf dem Sofa liegen, literweise Tee trinken und Gartenbücher lesen. Viel Salat essen, denn dem bekommt das kühlere Wetter weitaus besser als die Hitze der vergangenen Wochen.
Und vor allem froh sein, dass es sich bei Wilma bislang (nur) um ein Tiefdruckgebiet handelt. Ihre Namensvetterin „Windige Wilma“ hat nämlich im Oktober 2005 Geschichte geschrieben: Mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 295 Stundenkilometern und Böen mit bis zu 340 Stundenkilometern fegte sie durch den Golf von Mexiko und vor der Küste Floridas und gilt damit – je nach Auslegung – als der oder einer der stärksten Hurricane, die bislang registriert worden sind.
„Danke Wilma“, flüstere ich leise, „danke, dass du kein Hurricane bist. Aber kannst du jetzt bitte den Sommer wieder rausrücken?!“
6 Kommentare
Anneka · 23. August 2014 um 10:20 pm
Danke Melanie, du hast es auf den Punkt gebracht. Ich habe die letzten Tage schon sehnsüchtig auf die Winterstiefel geschielt! Aber meine Balkonblumen, die blühen wie wild. Wir haben wohl unterschiedliche Auffassungen wie August sein sollte…
Mel · 25. August 2014 um 9:43 pm
Wie schön, dass deine Blumen noch blühen, Anneka! Ich hatte leider einige Stumrschäden zu beklagen. Aber mittlerweile erholen sich die Pflanzen ein wenig. Wetter soll ja auch besser werden in den nächsten Tagen. Ich bin gespannt… Bislang weigere ich mich noch standhaft, Handschuhe beim Radfahren zu tragen. Auch wenn ich es morgens doch schon recht frisch finde. :-(
Spätsommer im Garten | Kistengrün · 23. September 2014 um 4:38 am
[…] meine Tomaten sind der Ansicht, dass nach Wilma ein zweiter Frühling angebrochen ist. Aber das ist ganz normal, dass sie kurz vor Schluss noch mal […]
Eisheilige: Eine Frage der kalten Sophie · 3. Mai 2016 um 11:25 am
[…] Gedanken zu Wilma […]
Phänologische Beobachter: Der Natur auf der Spur · 11. Mai 2016 um 6:02 am
[…] Gedanken zu Wilma […]
Warum es nicht regnen will - oder: Wilma II · 1. Juni 2018 um 12:07 pm
[…] Ich war so sauer, dass ich auf Kistengrün eine böse Kolumne geschrieben und Wilma in bester Fred-Feuerstein-Manier angeblökt…. […]