Schafgarbe, Brennnessel oder Giersch – es gibt viele essbare Wildpflanzen. Bei einigen kann eine Verwechslung aber tödlich sein. Im zweiten Teil des Interviews erklärt Heilpflanzenexpertin Bettina Burfeind, worauf es beim Ernten von Wildkräutern ankommt.

Löwenzahn

Löwenzahn

Worauf muss ich beim Sammeln besonders achten?
Natürlich muss man sich erst einmal gut mit den Pflanzen auskennen, denn nicht alles ist essbar. Es gibt höllisch giftige Doppelgänger. Also sollte man nur das pflücken, was man zweifelsfrei kennt. Alles andere sollte man besser stehen lassen, über das Jahr beobachten und genau bestimmen.
Zum richtigen und nachhaltigen Sammelgenuss gehört auch, dass man nie alle Pflanzen einfach abpflückt. Man sollte nur die Kräuter und die Menge sammeln, die man wirklich braucht und auch schnell verarbeiten kann. Sonst landet das meiste in der Tonne – und das wäre sehr ärgerlich. Außerdem sollten die Pflanzen nicht komplett abgeerntet werden. Wir sollten ihnen eine Chance geben, sich weiter zu vermehren und so zu überleben. Dann können wir auch in den nachfolgenden Jahren ernten. :-)

Welche Zeit ist zum Ernten optimal?
Bei schönem Wetter, kurz vor Mittag. Um diese Zeit sind die Pflanzen abgetrocknet und haben ihr volles Aroma entfaltet. Es versteht sich sicherlich von selbst, dass man nicht bei großer Trockenheit auf Pflanzensuche geht. Sonst erntet man nur Chips ohne Geschmack. Und natürlich sollte man bei der Auswahl Wert auf Qualität legen, also nur gesunde Blätter und Blüten oder Pflanzen ernten.
Ich nehme auf meine Sammeltouren keine oder nur sehr selten Schere und Messer mit. Ich sammele mit bloßen Händen – eine Eigenart von mir, um die Pflanzen besser zu spüren. Auch Brennnesseln ernte ich ohne Handschuhe. Nur bei etwas holzigen Pflanzen verwende ich die Gartenschere.

 

Achtung, Verwechslungsgefahr!

Was sind typische Anfängerfehler?
Typische Anfängerfehler sind eigentlich: “Juhu, ich habe eine Pflanze gefunden, die ich kenne und reiße ohne Rücksicht auf Verluste alles aus. Das geht natürlich gar nicht.“
Und dann ist und bleibt da natürlich die Verwechslungsgefahr. Nicht alles, was von Weiten wie Löwenzahn aussieht, ist auch tatsächlich Löwenzahn. Gott sei Dank enden nicht alle Verwechslungen gleich mit Vergiftungen, sondern „nur“ mit einem Misserfolg. Trotzdem: Im Zweifelsfall lieber stehen lassen!

Welche Kräuter kann man leicht verwechseln?
Sammler fürchten am häufigsten, Bärlauch (Allium ursinum) mit dem Maiglöckchen (Convallaria majalis) oder der Herbstzeitlosen (Colchicum autumnale) zu verwechseln – vor allem wenn die typischen Blüten noch nicht zu sehen sind. Und das ist gefährlich: Beide sind sehr giftig! Verzwickter Weise können sie durchaus an ähnlichen Standorten auftreten. Also Vorsicht!

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Bärlauch

Darüber hinaus gibt es weitere Pflanzen mit sehr giftigen Doppelgängern. Der giftige gefleckte Schierling (Conium maculatum) zum Beispiel sieht einigen essbaren Doldenblütlern wie Süßdolde (Myrrhis odorata) oder Wiesen-Kerbel (Anthricus sylvestres) zum Verwechseln ähnlich.

Woran kann ich Bärlauch, Maiglöckchen und Herbstzeitlose unterscheiden?
Bärlauch erkennt man natürlich zunächst am ganz typischen Knoblauchgeruch. Hat man aber bereits einige Bärlauchblätter in den Händen gehabt, riecht alles danach. Daher muss man auch weitere Unterscheidungskriterien heranziehen: Die Bärlauch-Blätter haben zum Beispiel einen Stiel, die Blätter von Maiglöckchen und Herbstzeitlosen haben keinen.

 

Pflanzen aus der Kindheit

Welche essbaren Wildpflanzen sind Ihrer Ansicht nach „idiotensicher“?
Ich glaube Gänseblümchen (Bellis perenne), Brennnessel (Urtica dioica) und auch Löwenzahn (Taraxacum off.) kennt wohl jeder schon aus seiner Kindheit.

Gänseblümchen

Gänseblümchen

Welches Buch empfehlen Sie Sammlern und solchen, die es werden wollen?
„Essbare Wildpflanzen“ von Fleischhauer, Guthmann und Spiegelberger, erschienen im AT Verlag. Dieses Buch begleitet mich immer auf meinen Exkursionen. Es ist handlich und man sieht das Wesentliche auf einem Blick.

Zusätzlich würde ich aber immer noch ein weiteres gutes Bestimmungsbuch, möglichst mit Pflanzenzeichnungen und guten Beschreibungen empfehlen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass in den günstigen Büchern oftmals die Fotos eine richtige Bestimmung nicht zulassen und auch der Text nicht eindeutig ist. Ich selber habe deshalb noch ein ganz altes Buch, das es heute leider so nicht mehr gibt. Für Anfänger ist auch das Buch „Was blüht denn da“ aus dem Kosmos Verlag immer noch sehr hilfreich.

 

Einige Pflanzen, die man jetzt sammeln kann, findet ihr im ersten Teil des Interviews.

Was ihr mit den Wildkräuter herstellen könnt, erfahrt ihr im dritten Teil des Interviews.

Diese Regeln solltet ihr beim Sammeln beachten.

So lecker können Wildkräuter sein: Eure Rezepte.

Weitere Rezepte gesucht! Was kocht ihr am liebsten mit wilden Kräutern?

 

Zur Person:

Bettina Burfeind fand die Welt der Pflanzen schon als Kind sehr spannend. Daher hat sich die diplomierte Agraringenieurin an der Heilpflanzenschule Verden zur Heilpflanzenexpertin ausbilden lassen. Ihre Kenntnisse über essbare Wildpflanzen, ihre Verwendung in der Küche und für das Wohlbefinden sowie ihre Liebe zur Natur gibt sie gern Kindern und Erwachsenen bei Seminaren, Workshops, Kursen und Exkursionen in Bremen und umzu weiter.

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Bettina Burfeind

Eine weitere Leidenschaft, vor allem in der kalten Jahreszeit, ist Tee. Besonders interessiert sie sich für seine Geschichte(n) und verschiedene Tee-Zeremonien. „Tee ein Lebenselixier mit Geschmack, eine faszinierende Pflanze mit viel Potenzial“, ist Bettina Burfeind überzeugt.

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Mel

Mel arbeitet als freiberufliche Journalistin und hat ein Herz für grüne Themen. Auf Kistengrün zeigt dir die begeisterte Balkon-Gärtnerin, wie du dir auf kleinem Raum ein grünes Paradies schaffst.

9 Kommentare

schoenschnabel · 29. April 2015 um 7:37 pm

Liebe Mel,
zur Zeit komme ich leider nicht so viel zum Kommentieren, aber ich verfolge schon die ganze Zeit Deine tollen und informativen Beiträge! Ich finds super, wieviel spannendes Du zu berichten hast und was für eine Mühe Du Dir für Deine Leser machst! :)
Viele Grüße
schönschnabel

    Mel · 30. April 2015 um 8:09 am

    Hallo Schönschnabel,

    freut mich, dass Dir die Beiträge gefallen! <3
    Als Blogger freue ich mich natürlich auf Feedback. Aber ich kann verstehen, wenn Du nicht so viel zum Kommentieren kommst. Mir geht es grad ähnlich... *hüstel!* Aber ich gelobe Besserung!!!

    Kistengrüne Grüße
    Mel

Themenwoche: Essbare Wildkräuter | Kistengrün · 29. April 2015 um 5:07 pm

[…] Wann ist die ideale Tageszeit? […]

Wildkräuter selbst sammeln | Kistengrün · 29. April 2015 um 5:08 pm

[…] Worauf man beim Sammeln besonders achten sollte, erfahrt ihr im zweiten Teil des Interviews. […]

Wildpflanzen zubereiten | Kistengrün · 7. Juni 2015 um 6:39 pm

[…] Worauf man beim Sammeln besonders achten sollte, erfahrt ihr im zweiten Teil des Interviews. […]

Wiesendudler | Kistengrün · 7. Juni 2015 um 6:40 pm

[…] Worauf man beim Sammeln besonders achten sollte, erfahrt ihr im zweiten Teil des Interviews. […]

Unkrautküche: Rezepte mit Wildpflanzen | Kistengrün · 7. Juni 2015 um 6:41 pm

[…] Worauf man beim Sammeln besonders achten sollte, erfahrt ihr im zweiten Teil des Interviews. […]

Zehn Regeln für das Sammeln von Wildkräutern · 13. Juni 2015 um 7:14 pm

[…] Worauf man beim Sammeln besonders achten sollte, erfahrt ihr im zweiten Teil des Interviews. […]

Warum Unkraut jäten, wenn wir Wildkräuter sammeln können? · 6. Februar 2018 um 12:16 pm

[…] wohl allerwichtigste Regel: Pflückt nur, was ihr zu 100 Prozent kennt. Gerade bei Maiglöckchen und Bärlauch, aber auch bei Schierling und Wiesen-Kerbel kann eine Verwechslung im wahrsten Sinne des Wortes […]

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