Sabrina Weritz hat ein Herz für Insekten. Die Umwelt-Biologin hat unzählige Unterkünfte für Wildbienen, Einsiedlerwespen & Co. gebaut – auch für den Balkon. Im Interview erklärt sie, welches Material sich eignet und worauf man beim Bauen beziehungsweise Kaufen achten sollte.
Wofür brauchen Insekten ein Hotel?
Insektenhotels sind hauptsächlich Geburtenhäuser für den Nachwuchs. Normalerweise legen Insektenweibchen ihre Eier in totem Holz oder in der Erde oder Sand ab. Doch immer mehr Flächen werden zugebaut oder zugepflastert. Auch in Gärten gibt es kaum totes Holz, weil Gärtner Sträucher und Bäume extrem zurückschneiden. Das sieht zwar dann alles schön ordentlich und aufgeräumt aus. Den Insekten fehlt aber dadurch immer mehr Lebensraum – vor allem in Großstädten.
Brauchen wir in der Großstadt überhaupt Insekten?
Natürlich, denn auch in der Stadt gibt es viele Pflanzen, die für die Bestäubung auf Insekten angewiesen sind. Ohne Insekten gibt es keine Früchte, keine Samen und damit auch kein Weiterleben der Natur.
Wann haben Sie Ihr erstes Insektenhotel gebaut?
2007. Ich erinnere mich gut daran, weil es super angenommen wurde. Das konnte man man an den verschlossenen Röhren und den Löchern im Lehm gut erkennen. Und ich erinnere mich gut, weil das Insektenhotel für den Balkon zu groß war. :-) Ich habe es umgesetzt – damals illegaler Weise auf eine Wiese am Waldrand. :-)
Inzwischen sind unzählige weitere dazukommen – auch durch die Kurse, die ich gebe. Die meisten habe ich aber verschenkt. :-) Momentan sind zwei große aus Holz und sieben „Recycling-Hotels“ in unserem Garten im Einsatz. Die Recycling-Hotels habe ich aus leeren Konservendosen gefertigt, die man sonst eigentlich wegwirft.
Welche Insekten sind besonders auf eine Unterkunft angewiesen?
Eigentlich alle unsere heimischen Bienen, Hummeln und Wespen-Arten, die solitär, also allein, leben. Anders als beispielsweise die Honigbiene bilden sie keinen Staat, sondern kümmern sich allein um die Aufzucht ihrer Nachkommen. Außerdem stehen sie unter Naturschutz.
Welche Materialien eignen sich besonders gut für ein Insektenhotel?
Totholz, Schilf, Bambus und Lehm sowie markige Stängel wie Holunder, Himbeere oder Brombeere.
Und welche gehen gar nicht?
Blätter und auch Zapfen jeglicher Art – auch wenn sie bei gekauften Insektenhotels immer wieder dabei sind. Mit Zapfen ihnen kann man wunderbar ein Feuer im Kamin anzünden. Den Insekten, die wir unterstützen wollen, bringen sie aber nicht wirklich viel.
Erst fragen, dann schneiden
Wie komme ich in der Stadt an Material? Kann ich Zweige einfach so im Park abschneiden?
Nein, bitte keine Zweige irgendwo abschneiden, das schadet nur der der Natur! Viele Parkverwaltungen geben aber gern Grünschnitt ab, wenn man sie danach fragt. Schilf kann man gut im Frühjahr am Gewässer- oder Flussufer sammeln. :-) Oder im Herbst schneiden, wenn es verblüht ist. Bei einem Ausflug in den Wald kann man ein bisschen weiches und hartes Holz sammeln. Oder Brombeerzweige schneiden – wenn man den Förster vorher gefragt hat. Das ist in der Regel kein Problem. Die meisten sind froh, wenn es etwas weniger wird. :-)
Worauf muss ich beim Bau oder beim Kauf eines Insektenhotels besonders achten?
Die Behälter müssen kompakt gefüllt sein, damit das Material nicht herausfällt oder beim erstbesten Windstoß davonfliegt. Hölzer und Bambus dürfen nicht beschädigt sein, Splitter oder scharfkantige Ränder haben. Insekten können sich sonst leicht die Flügel daran verletzten.
Für wen bauen Sie am liebsten ein Insektenhotel?
Für Grabwespen, weil es kaum noch Sand- und Lehmböden gibt. Ich habe einen großen Sandhaufen mit Lehmumrandung im Garten. Es macht mir unheimlich Spaß, die Grabwespen dabei zu beobachten, wie sie dort ihre „Höhlen“ bauen und einfach nur das Material annehmen. :-)
Wie ihr den idealen Standort für ein Insektenhotel auswählt und es optimal pflegt, erfahrt ihr im zweiten Teil des Interviews.
Hier gibt’s die Anleitung für ein Insektenhotel. Konservendosen schon mal bereithalten! :-)
Zur Person:
Sabrina Weritz ist selbstständige Umweltbiologin. In Bremen und umzu bietet die gebürtige Allgäuerin Führungen und Seminare an. Ihr Motto stammt vom Verhaltensforscher Konrad Lorenz: „Man liebt nur, was man kennt, und man schützt nur, was man liebt.“
Neben Naturschutz an sich liegt es ihr vor allem am Herzen, Kindern und Erwachsenen die Besonderheiten der Natur zu zeigen und ihnen die Augen für ihre Schönheiten zu öffnen. Ihre Schwerpunkte sind Wasser und Wald.
Darüber hinaus bastelt sie gern mit Naturmaterialien – für Tiere und das eigene Befinden, wie sie sagt. :-) „Geschenke aus der Natur sind doch die Schönsten, die man bekommen kann“, sagt sie. „Und auch anderen kann man damit eine Riesenfreude bereiten.“
17 Kommentare
Giorgio · 1. April 2015 um 11:29 am
Wow, na das ist ja mal spannend! Ein ganz kleines, 20×30 cm würde bei mir auch noch auf den Balkon passen. Ich hätte gerne noch gefragt: Welche Vorteile habe ich auf einen Balkon mit sehr vielen unterschiedlichen Gehölzen und Blumen durch ein Insektenhotel? Sorgen die dafür, dass Schädlinge, wie Blattläuse, etwas knapper gehalten werden? Nisten sich da u.U. auch mal unangenehme Insekten an? Und: Wenn ich Raupen im Spätsommer habe, werden die oft von Insekten (Wespen) gefressen. Kann man die Raupen davor schützen, durch ein feinmaschiges Flies?
Herzlich, Giorigo
Mel · 1. April 2015 um 12:49 pm
Hey Giorgio,
schön, wieder von von Dir zu lesen. :-)
Ein paar Antworten gibt’s morgen – im zweiten Teil des Interviews.
Wenn dann noch Fragen offen sind, hake ich noch mal nach!
Kistengrüne Grüße!
Martens Horst · 2. April 2019 um 11:49 am
Hallo liebe Naturfreunde, möchte im KGV Schwachhausen unser Insektenhotel erneuern und erweitern und zwar mit Lehm. Wo bekomme ich in Bremen den geeigneten Lehm für diese Aktion zu kaufen?? Über einen Tip würde ich mich sehr freuen
MfG. Horst Martens
Mel · 3. April 2019 um 8:11 am
Gute Frage! Hast du schon mal in den Kleinanzeigen geschaut? Oder in der FB-Gruppe Bremer Gartenfreunde tauschen und verschenken? Es gibt in Bremen auch einen Naturfachhandel, der so was vertreibt – einfach mal die Suchmaschine fragen.
Wichtig: Der Lehm sollte nicht fest, sondern eher sandig sein. Ansonsten wird er zu hart und die Wildbienen können keine Nistgänge mehr graben.
Viel Erfolg!
Kistengrüne Grüße
Mel
James Fraser · 17. Oktober 2019 um 9:34 am
Ich möchte gerne mehr für die Natur machen. Da wir nur einen kleinen Garten haben, möchte ich gerne für den Winter ein Insektenhotel bauen. Ich wusste nicht, dass es heimische Bienen gibt, die auch solitär leben und sich alleine um ihren Nachwuchs kümmern.
(Kommentar bearbeitet: Kommerzieller Link entfernt)
Mel · 21. Oktober 2019 um 11:40 am
Hallo James,
schön, dass du mehr für die Natur einsetzen möchtest! Ein Insektenhotel ist schon mal ein guter Anfang – das hat ja auch in einem kleinen Garten und sogar auf dem Balkon Platz. Am besten kombinierst du es mit wichtigen Nahrungspflanzen, dann fühlen sich die Insekten in deinem Garten sicherlich schnell wohl.
Viel Erfolg dabei!
Kistengrüne Grüße
Mel
Viktoria · 7. März 2020 um 6:33 pm
Hallo Mel,
ich habe gerade zufällig deinen Blog entdeckt und bin von den vielen Tipps und Inspirationen begeistert! Ich habe auch eine Frage zum Standort des Insektenhotels: Gestern habe ich mir ganz spontan ein Insektenhotel im Baumarkt gekauft und möchte es gerne auf meinem Balkon aufhängen. Die Balkonwände sind teilweise mit Holz verkleidet. Könnte es passieren, dass die Insekten die Holzwand beschädigen? Also müsste ich noch eine Schutzfolie o. ä. zwischen Wand und Insektenhotel befestigen? Ich wohne in einer Mietswohnung und möchte nicht, dass sich Insekten in der Wand einnisten oder diese beschädigen.
Ich freue mich, wenn du mir weiterhelfen kannst. :-)
Mel · 9. März 2020 um 2:39 pm
Hallo, liebe Viktoria,
vielen Dank für deine Nachricht!
Ui, das ist eine ganz schön schwierige Frage – vor allem so ohne Bild vor Augen.
Ich würde auf Nummer sicher gehen und den*die Vermieter*in fragen, ob du in die Holzverkleidung bohren darfst. Einmal offen, kann es natürlich sein, dass Insekten den Zwischenraum zwischen Wand und Verkleidung nutzen möchten – und damit meine ich nicht nur Wildbienen! Da wird auch eine Folie nicht viel helfen.
Kannst du das Hotel nicht einfach auf ein Regal stellen? Oder irgendwie festklemmen? Wichtig ist, dass es trocken und stabil steht und nicht runterfällt.
Ich hoffe, ich konnte dir ein bisschen weiterhelfen…
Kistengrün Grüße
Mel
„Vögel haben nur während der Schlupfzeit ‘ne Chance“ | Kistengrün · 31. März 2015 um 10:08 pm
[…] Welches Material sich für Insektenhotels eignet und worauf man beim Bau beziehungsweise Kauf achten sollte, erfahrt ihr im ersten Teil des Interviews. […]
Insektenhotel aus Dosen | Kistengrün · 3. April 2015 um 9:59 am
[…] Füllmaterial wie Lehm, Schilf, Bambus (trocken oder frisch), Stroh, markige Stängel wie Brombeere, Holunder, Himbeere, Reet, Totholz oder kleine Äste – selbst gesammelt! […]
GartenBank-App hilft bei Schädlingen und Pflanzenkrankheiten · 26. August 2015 um 12:36 am
[…] Sabrina Weritz zu Insektenhotels […]
Warum ihr Saatgut auf Keimfähigkeit hin testen solltet - Kistengrün · 26. Februar 2016 um 10:09 am
[…] Sabrina Weritz zu Insektenhotels […]
Phänologische Beobachter: Der Natur auf der Spur · 15. Mai 2016 um 8:40 am
[…] Sabrina Weritz zu Insektenhotels […]
Deutschland summt! So gestaltet ihr einen bienenfreundlichen Balkon · 24. März 2017 um 6:20 pm
[…] sollten. Lassen Sie die Finger von Nisthilfen aus den Bau- und Gartenmärkten. Meist sind sie aus unbrauchbarem Material zusammengebaut, das am Ende den Wildbienen nicht […]
Tomaten stützen und festbinden · 22. Mai 2017 um 5:57 pm
[…] sind sie eine tolle Anlaufstation für solitär lebende Insekten. Eine allein stehende Villa unter den Insektenhotels, sozusagen. Großräumige Grünanlage […]
Marienkäfer: Punkte fürs Garten-Glück · 16. April 2018 um 4:41 pm
[…] Sabrina Weritz zu Insektenhotels […]
Balkon winterfest machen: Wenn weniger mehr ist · 27. Dezember 2018 um 9:35 am
[…] im Gegenteil. Ich hoffe, dass in den Stängeln von Sonnenblume & Co die eine oder andere Wildbiene überwintern kann. Und die Meisen freuen sich über die vielen […]